Venustempel – Universität Graz


Im Jahr 1985 fand der Umbau des sogenannten Heizhauses der Universität Graz statt. Der österreichisch-italienische Künstler Jorrit Tornquist gestaltete dafür den Eingangsbereich zu den Hörsälen als vorgelagerten „Venustempel“, der 1988 fertiggestellt wurde. Um einen zentralen Metallzylinder, in dessen Mitte ein Scheinwerfer eingearbeitet ist, wurde ein Fußbodenmosaik gelegt, das ein Fragment aus Sandro Botticellis Gemälde „Die Geburt der Venus“ zeigt – genauer: ihren Körper bis zum Bauchnabel. Das Dach des Tempels wird von Doppelsäulen getragen, deren Gestaltung einem strengen Farbkonzept unterliegt und auf die ursprüngliche Farbgestaltung des Heizhauses Bezug nimmt. Sie wird in Licht- und Schattenwerte aufgespalten.

Für Tornquist besteht der Inhalt seiner Kunst darin, in den Betrachtenden Gefühle anzuregen und so eine eigene emotionale Intelligenz zu entwickeln. Mit diesen Überlegungen in Verbindung steht die Wirkung von Farbe. Wenn er mit Licht arbeitet, führt er häufig die Komponenten von Schatten sowie Ungewissheit ein. Durch Täuschung wird eine Wandlung der Wahrnehmung erzeugt. Die Betrachterin oder der Betrachter muss das Sichtbare analysieren und die sinnliche Erfahrung vom real Vorhandenem trennen.  

Eine demensprechende Wirkung erzeugt der Venustempel: das Mosaik spiegelt sich im Metallzylinder. Wider Erwarten vervollständigt sich die Figur jedoch nicht durch das Spiegelbild eines selbst. Die Venus entspringt dem Metallrohr und an jener Stelle, an der ihr Brustkorb und Kopf vermeintlich anschließen sollte, erscheinen die farbigen Doppelsäulen.

Im Jahr 2022 konnte das strenge Farbkonzept dieser Säulen wiederhergestellt werden und zeigt das Kunstwerk in seiner ursprünglichen Wirkung.